Den Vorspann habe ich schon einige Mal in diesem Blog gestreift. Nichtsdestoweniger soll er als Auftakt dienen, nunmehr kapitelweise dem interessierten Bücherfreund Zusammenhänge zu vermitteln.
An ihm scheiden sich die Geister, wie ich bemerken durfte, was mich unter anderem zu den „Hinweisen an die Leser“ motiviert hatte. Inzwischen sind die Reflexionen der Kenner von Aurelia & Adalwin zahlreicher geworden. Das Bild ist das Gleiche geblieben. Selbst intelligente und gebildete Menschen haben das Werk nach der Lektüre der Einführung verwirrt zur Seite gelegt, während andere Worte von „faszinierend“ bis „genial“ in den Mund nahmen und nicht wenige sogar unterstellten, ich müsste es irgendwo abgeschrieben haben. Unterschwellig klang heraus, so etwas kann ja nicht von einem gewöhnlichen Mitbürger stammen.
Für mich bleibt als Quintessenz: Die Einstiegshürde kann genommen werden – hoffentlich mit diesem Eintrag noch besser – bedarf allerdings der passenden Einstellung. Ausreichend Zeit und Ruhe! Neugierig und offen sein! Sich einlassen! Diese drei Devisen machen es jedenfalls möglich. Plauderliteratur für die U-Bahn ist Aurelia & Adalwin ohnehin nicht – siehe auch: „Ein Wort zu den Leitgedanken“.
Als ich beschlossen hatte, das Kolportage-Märchen für die kleine Michaela in einen Fantasy-Roman zu verwandeln (siehe „Wie Aurelia & Adalwin entstanden“), bin ich von folgendem Axiom bzw. von dieser meiner Grundüberzeugung ausgegangen: Wir leben in einer dualen Wirklichkeit, geprägt von Gut und Böse, auf einem Lehrplaneten, in der eine Balance zwischen diesen Polen herrscht, damit die Seelen an diesem Ort ihre Lektionen absolvieren können. Ergo wollte ich meine Geschichte vom Erwachsen-Werden zweier Adoleszenten vor dem Hintergrund einer zeitlosen Vergangenheit spielen lassen, die am Schluss genau das herstellt: Die Rückkehr zum Gleichgewicht, mithin den Zustand, in dem wir unsere Welt vorfinden. Eine gebesserte oder andere Schöpfung zu erschaffen, schien mir zu irreal und wenig glaubhaft. Lange Zeit war übrigens die „Rückkehr zum Gleichgewicht“ mein Wunsch- bzw. Arbeitstitel für das Buch. Mein Sohn Paul war es gemeinsam mit der Schwägerin meiner Schwester, die sich an mein Lieblingsfach „Chemie“ erinnert fühlten und ihr persönliches Grausen in der Rückschau an „Knall und Stink“ so überzeugend artikulierten, dass ich über die Überschrift des Opus neu nachdachte.
Es mag witzig klingen, aber tatsächlich hatte ich beim Start in das Abenteuer nicht mehr als diese Leitplanke im Kopf. In welcher Weise mir der Rest auf intuitivem Weg zufiel, mein Bildungshunger in Jugendjahren bloß als Humus diente und die eingeimpfte Disziplin zum Durchhalten motivierte, hatte ich ebenfalls schon mal versucht, in Worte zu fassen (siehe „Wie und wo schreibt man einen Fantasy-Roman“). Wenn also das Wirken der beiden Haupthelden in den Ist-Stand des Heute münden soll, musste ich etwas konstruieren, womit der Ursprung zunächst aus dem Takt gebracht wird – einen Überhang des Bösen quasi. Genau das tut der Prolog – er spannt den Plot auf, indem eine kosmische Katastrophe die Erde zu dem Ausbildungsplaneten für geistige Wesen macht, der sie ist.
Obwohl die Trilogie zu Ende geschrieben ist und der dritte Band im Oktober erscheinen soll, bin ich derzeit noch intensiv damit beschäftigt, den Kampf gegen die Windmühlenflügel der Wortwiederholungen zu führen. Bis zum August, so der Plan, sollen alle drei Bände als E-Book vorliegen. Ändert sich auch inhaltlich nichts mehr, so ist doch in Bezug auf die Formulierungen einiges neu, weswegen ich hier als Vorgehen wähle, die überarbeiteten Abschnitte zu zitieren, um sie zu kommentieren. Und nun der Reihe nach von vorn:
„Ehe jegliches begann, existierte nichts und doch war in dieser Leere alles enthalten. Statt Sein herrschte Selbstgenügsamkeit. Die Gehaltlosigkeit befand sich in Ausgeglichenheit und somit in Ruhe. Frei sämtlichen Antriebs weilte der Odem in ewiger Dunkelheit.“
Die Analogie fällt gewiss jedem ins Auge bzw. weckt Assoziationen. Wer einmal in der Osternacht saß oder selbst die Bibel auf der ersten Seite aufgeschlagen hat, wird erkennen: Die ersten Zeilen der Genesis lassen grüßen. Als kleiner Junge, auch das hatte ich schon im Blog kundgetan, erfuhr ich eine Prägung als katholischer Sängerknabe und war jedes Mal total verzaubert von dieser für mich schönsten Liturgie-Feier des Jahres. Was für eine Wucht lag in diesen Worten der ersten Lesung, gesprochen ins vom Kerzenlicht erzeugte Halbdunkel der Kirche! „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.…“. Meine Übertragung transkribiert den Schöpfungsbericht und setzt eine Ebene davor. Wir wissen längst, dass unser blauer Planet ein kleiner, verletzlicher Punkt in der Unendlichkeit des Weltalls ist und nicht sein Zentrum.
Der erste Passus formuliert mein Staunen über das Primat des Geistes, die Zeitlosigkeit des Göttlichen, den verwirrenden Widerspruch vom Vorhandensein der Materie und ihrer Herkunft aus der Abstinenz von jedwedem Inhalt. Überspitzt könnte postuliert werden: Es ist meine Essenz und Reminiszenz an ein Werk, das mich fasziniert hat, nämlich Alan H. Guths Buch: „Die Geburt des Kosmos aus dem Nichts: Die Theorie des inflationären Universums“, die sich auch in den zweiten Absatz weiterzieht. Aus einer Quantenfluktuation des Vakuums kreierte sich das Raum-Zeit-Kontinuum, in dem als Endpunkt die eigene Existenz steht. Was für ein Gedanke!
„Irgendwann entfachte sich ein Wille, der eine Ungleichheit nach sich zog. Die Symmetrie wurde um eine Winzigkeit gestört. Daran zerbrach das Niegewesene und entfesselte aus jenem Punkt die Quelle.“
Was sich anschließt ist die Überleitung zur sicherlich allseits bekannten Standard-Urknall-Theorie. Alan Guth erklärt auf diese draufgesattelt zusätzlich unter Außerkraftsetzung eines Postulats, mit der per Überlichtgeschwindigkeit vor sich gegangenen Raumausbreitung, die er als Inflation bezeichnet, was die Kosmologen sonst nicht schlüssig deuten können – die sensationelle Feineinstellung der Naturkonstanten. Wer es genauer wissen will, in Wikipedia ist es nicht schlecht dargestellt, wenngleich es das Selberlesen nicht abnehmen kann. Es heißt, viele der Theoretiker wurden beim Nachdenken zu Gott-Gläubigen. Ich war das bereits, ehe ich damit begann, aufgrund meiner Wiege in einem christlichen Elternhaus. Meine Synthese aus der Frühphase des Universums und dem Übergang zu meinem heutigen Glauben liest sich daher so:
„Im Anfang war Energie, die aufstrahlte und sich als Licht Raum und Zeit kreierte. Masse trat als Agens hinzu, und alsbald folgten dem Taktschlag der Gravitation die Korpuskeln, bauten aus Kleinem Großes und formten den Kosmos. Unsere Welt erstand, gewoben im Zusammenspiel ihrer Eigenschaften, als Panoptikum des unbeschränkten Geistes, der das gesamte Sein durchdringt. Das Universum gestaltete sich zum Spiegelsaal, in dem sich Bewusstsein selbst erkennt.“
Der vierte Abschnitt im Prolog fängt die Entwicklung des Weltalls im Zeitraffer ein und verbindet sie mit der Beseelung durch den Geist, der in allem steckt. Wie viel Gehalt verbirgt sich allein in der verwirrenden Erkenntnis der Moderne: Wir alle sind letzten Endes Sternenstaub! Ohne Supernovas wäre unsere Erde und unser Leib nie materialisiert worden. Außerdem wollte ich das Thema streifen, welche Anzahl an merkwürdigen „Zufällen“ allein in unserem Planetensystem zusammenkommen mussten, um unsere blaue Wunderkugel behütet seine Bahn ziehen zu lassen. Erinnert sei hier exemplarisch an den ungefährlichen Spiralarm unserer Galaxie (kaum kosmische Katastrophen mit Energie-Jets), den Gravitationsstaubsauger Jupiter oder auch das Vorhandensein des überproportionalen, sonderbaren Trabanten, der unseren Tag auf 24 Stunden verlängert hat, um den Winden Einhalt zu gebieten. Wichtig für die Trilogie ist das Verständnis von den Planetengestalten, die sich als höhere Wesen personalisieren können und damit auch literarisch eine wichtige Funktion in Aurelia & Adalwin haben. Zur Reminiszenz hierzu bitte unter: „Zur Rolle der Planeten im Roman“ nachblättern. Anbei nun die neueste Variante:
„Unendlichkeiten verflogen im Spiel der Sterne, die aufflammten und in Katastrophen untergingen. Schwerere Teilchen entkamen der Gluthölle, die das Regiment der Masse ein weiteres Mal zu sich versprühenden Gebilden konzentrierte. Auf diese Weise komprimierte sich einst eine Gas- und Staubwolke, aus der sich unter dem Diktat der Anziehung fünf Staubbälle herausschälten. Diese wurden zu Geschwisterwesen: Merkur, Venus, Erde, Mars und Tartaros, begleitet von vier Gasriesen Jupiter, Saturn, Neptun und Uranus, erleuchtet durch Vater Sonne, in denen sich das große Bewusstsein in neuer Dimension zergliedert hatte. Mit dem Stern, seinen Planeten sowie deren Monden waren eigene Geschöpfe hervorgerufen worden.
Wer wie ich früher Science-Fiktion in der DDR verschlungen hat, dem wird möglicherweise auch noch präsent sein, dass viele Autoren den Asteroiden-Gürtel gern als Menetekel hernahmen und die Hypothese vom zerstörten vierten Planeten Phaeton variierten. Für mich war der neunte Wandelstern ebenfalls notwendig, allerdings in anderer Weise. Wie ich schon in „Ein paar Tipps für den Leser“ erläutert hatte, benutzte ich die plausibelste Mondentstehungstheorie, um meine Agens des Bösen zu erschaffen. Als Namensgeber kam mir Tartaros in den Sinn. Ohne Antike geht es halt nicht. Unter dem Hades liegt jene Unterwelt, in die abzustürzen es für einen Amboss neun Tage dauert. Der Gegenpol zum Himmel, wie es die Griechen sich vorstellten, denn genauso lange fiel dieses Arbeitsmittel der Schmiede auch von dort bis zur Erde. Weiter will ich an dieser Stelle nicht auf diese Thematik eingehen, um Wiederholungen zu vermeiden. Konkret liest sich das in der fünften und sechsten Passage des Prologs in aktueller Form so:
„In den frühen Tagen des Systems kollidierte die fünfte der Steinkugeln mit der dritten in einer gigantischen Explosion. Tartaros büßte durch das Desaster vollständig seine Masse im Ziel der missglückten Annäherung ein, das durch den Aufprall fast zerrissen ward. Ein Großteil der vermischten Gesteinsmengen wurde in den Orbit geschleudert, wo sie sich zum Zeugen und Begleiter des Debakels zusammenballten. Seither ist Tartaros im Schoß der Erde eingesperrt. Dort wabert seine Wesenheit fort, beleidigt und gedemütigt durch den Verlust der Gestalt, brodelnd und grollend, auf Rache an der Schwester sinnend, als in sich gedrängter, verderblicher Wille gegen all ihre Kreaturen.
Mit jener Fusion ward die Sphäre für Verdichtung bereitet: Welt und Unterwelt zur Kugel verschmolzen, Schöpferin und Verderber in einer Einheit gefangen, Gut und Böse als Antipoden in unauflöslicher Umarmung verschlungen. Der perfekte Ort, um Erfahrungen zu sammeln.“
Nach der Darstellung des Großen und Ganzen richtet sich im nächsten Absatz der Fokus auf unsere im All schwebende Arche und ihrem Werden zur Großen Mutter. Gemäß meiner festen Überzeugung trägt uns ein wohlmeinendes höheres Wesen, das an der Kreation der Details seiner Bewohner beteiligt ist und ständig seine nährende Agenzien spendet. Dazu benötigt es den Zauberstoff für Leben auf Kohlenstoffbasis: Wasser. Welches Sammelsurium von magischen Eigenschaften konzentriert sich in dieser einfachen Verbindung von zweimal Wasserstoff und einmal Sauerstoff! Allein für die Wetterküche braucht es solche Zutaten wie höchstes Wärmeaufnahmevermögen aller Elemente, immense Phasenübergangsenergien, den Triplepunkt bei Null Grad Celsius, die drei Aggregatzustände in einem weiten Temperaturbereich für das Flüssigsein garniert mit der Verdunstungsfähigkeit. Sein Reinigungsvermögen speist sich aus dem ständigen Zerfall und der Wiederzusammensetzung in bzw. von OH-Radikalen und positiv geladenem Wasserstoff (ja, nur deshalb lässt sich so gut damit Waschen). Da verblüfft die Dichteanomalie, die jeden Teich von oben Zufrieren lässt (und den Geschöpfen am Grund das Überleben ermöglicht), die wahre Wunderwelt der kristallinen Überstrukturen, das merkwürdige Verhalten seiner Oberflächenspannung, das sanftes Eintauchen aus geringer Höhe bewirkt, die bis heute nicht vollständig verstandenen Phänomene der Tropfen- und Schneeflockenbildung oder der Weiterleitung von Impulsen, um mal einiges anzureißen. Von der Tatsache, dass unser Körper zu übergroßen Teilen aus Wasser besteht und keine Zelle ohne es auskäme, ganz zu schweigen oder der Frage: Wo kam es eigentlich her? Gut, die Wissenschaft gibt eine Antwort, die ich verwende, wenngleich bei näherem Hinschauen auch hier längst nicht alles geklärt ist. Aber es ist da, wir dürfen staunen mit unserem Denkapparat, der in ihm schwimmt, wobei das eigentlich größte Mirakel uns bis heute verschlossen bleibt: Wie verbindet sich der Geist mit der Materie bzw. wie entsteht Leben? Da das Weltall überall bevölkert ist (wir nehmen die im Allgemeinen höher schwingenden Wesen bloß in unserer Verdichtung nicht wahr), ordne ich die Fähigkeit, Leben hervor zu bringen, den Planeten zu, wohlwissend, dass dies diskussionswürdig ist. Welche Ausdrucksform des Odems letztlich wirklich das Mysteriums auslöst, wollte ich damit nicht gesagt haben. Für die Logik meines Werkes hat die Klassifikation gleichwohl eine wichtige Funktion.
Nach dieser Ode an das Wasser samt seiner Rolle im Zusammenhang mit einem der größten Rätsel überhaupt endlich das angekündigte Zitat, das zugleich den Blick auf all jenes lenkt, was die Erde noch erfüllt und beherbergt, im Roman von Aurelia & Adalwin die Szenerie bereichert und sich aus diversen Gründen der begrenzten Wahrnehmungsfähigkeit der meisten Mitbürger entzieht:
„In langandauerndem Bombardement transportierten die Kometen Wasser auf die toten Felsgefüge. Daraus zeugte die Erde das Leben als nächste Stufe des Daseins. Sternenstaub war zur nährenden Mutter, zu Gaia, geworden. Sie schenkte Pflanzen und Tiere, Einhörner, Gnome, Elfen, Riesen und Zwerge ihre Existenz, eben der Gesamtheit dessen, was sich im Takt von Geborenwerden und Sterben bewegt.“
Der wichtigste Bewohner der blauen Steinkugel bzw. der, der sich dafür hält, blieb bisher unerwähnt, wie sich unschwer feststellen lässt bzw. tritt im nachfolgenden Passus auf den Plan, verbunden mit einer Erklärung, was er eigentlich ist. Obwohl wir fast täglich dazulernen, wie viel Tiere und selbst Pflanzen an Denkvermögen und Intelligenz besitzen, die Distanz zu unserem Ursprung also viel kleiner ist, als wir uns lange eingebildet haben, zeichnet den Homo Sapiens etwas Besonderes aus: seine Individualseele, einen Teil des großen Bewusstseins, wenn auch die meisten unserer Zeitgenossen im Alltag davon weit weg zu sein scheinen. Das Wesen, was wir sind, ist nicht an den Korpus gekoppelt, der uns ermöglicht, zu riechen, zu schmecken, zu hören oder zu sehen, also Erfahrungen zu machen. Meine Glaubenssätze zu diesem Thema lauten:
„Aus dem Karussell des Wandels erschuf sich der Lebenshauch eine besondere Ausprägung. Dem Tierreich entstieg ein zweibeiniger, vernunftbegabter Affe und mit ihm ein Träger des Odems, in den der Spiritus einen Anteil seiner selbst tröpfelte. Seitdem ergießt sich in den Menschen, bevor er das Licht der Welt erblickt, ein Teil des großen Willens als Seele. Solcherart wandelt er auf seinem Planeten: ausgestattet mit der Freiheit zur Entscheidung, versehen mit der Fähigkeit zu beurteilen, aufgespalten in Individualität und suchend nach dem Weg zurück zum All-Einen.
Mit dem Tod verliert der Mensch lediglich Leib und Erinnerung. Sein Ichsein pausiert und rüstet sich abermals für den Kreislauf von Leben und Sterben, gewinnt auf dem Rad der Wiedergeburt an Weisheit im Widerstreit zwischen Gut und Böse, Glück und Leid, Zwist und Versöhnung, Aufbau und Zerstörung, Liebe und Hass.“
Ein wesentlicher Punkt in meiner Sicht auf die Dinge ist der: jenseits der Dualität spielen die Kategorien Gut und Böse keine Rolle. Das Bewerten, das ständig in unserem Kopf abläuft, ist eine der Fesseln, die unser Bewusstsein vor dem Aufstieg sprengen muss. Gleichsam wie die Betragszeichen in der Mathematik setzt das All-Eine um alles eine Klammer. In Wahrheit gibt es nur Erfahrung als Mittel zum Wachstum. Einzig so lässt sich der selbstgewählten Verdichtung wieder entkommen. Das Panoptikum des großen Geistes ist nicht auf Ewigkeit angelegt – wie tröstlich! Damit sei wieder ein Zitat eingestreut:
„Schon der Anbeginn trug das Ende in sich. Die Energie des Anfangs war begrenzt und somit Raum und Zeit. Sämtliches Sein wird sich mit dem großen Bewusstsein vereinen, wenn jedwede Erfahrung angehäuft ist. Deswegen sind Gut und Böse nicht im ewigen Hader verflochten. Am Schluss wird die Auseinandersetzung in eine Entscheidung münden. Offen ist, ob das Gute oder das Böse triumphieren wird, denn vor dem Hintergrund der Selbsterkenntnis sind für den Geist beide unterschiedslos.“
Nachdem ich den Prolog also benutzt habe, meinen Kindern aufzuschreiben, was sich in meinen Gehirnwindungen nach 40 Jahren Nachdenken über die angerissenen Mysterien und das, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ als Essenz angesammelt hat, schwenkt der Vorspann nunmehr dahin ein, wo die Fantasy-Geschichte ihre Logik her bezieht. Der nächste Abschnitt lässt die Allianz der Planeten entstehen, die in der Trilogie als treibende Kräfte für die Entwicklung der Jugendlichen zu Erwachsenen (nicht mehr und nicht weniger beschreibt ja der Märchenroman von Aurelia & Adalwin) auftreten (siehe dazu „Zur Rolle der Planeten im Roman“). Das wurde in dieser Weise umgesetzt:
„Weil der Ausgang der Dualität auf der Erde unbestimmt ist, interessieren sich viele höhere Wesen im Universum für diesen Kampf und schalteten sich in das Geschehen ein. Die Nachbarn, Venus und Mars, ergriffen sofort nach der gewaltigen Kollision Partei. Venus positionierte sich für Gaia, während Tartaros von seinem Bruder Mars Hilfe erfuhr. Merkur folgte Venus, indes sich Lucina, das Produkt des Zusammenstoßes, auf Tartaros’ Seite schlug, zu der sich später Saturn dazugesellte. Zügig bildete sich ein Gleichgewicht zwischen den Unterstützern sowohl des Tartaros als auch denjenigen der Erde, sodass Gut und Böse in der Balance blieben.“
Was fehlt, sind die direkten Gegenspieler des Helden-Pärchens und die Störung der Ausgewogenheit, also genau das, was das eigentliche Mephistophelische Element des Romans ausmacht: die Drachen. Deren Funktion für die Trilogie hatte ich schon einmal gesondert erläutert, weshalb ein Verweis ausreichend ist (siehe: „Zur Rolle des Drachenpaars“).
Als Bösewichte benötigen die Antipoden von Aurelia & Adalwin selbstredend einen Hort, von dem aus sie agieren und vor dem im dritten Band das Schlachtengetümmel tobt. Eine Einladung unseres Familienfreundes nach Sedmihorky in Tschechien und der Besuch des eindrucksvollen Burgensembles von Trosky (trosky hrad, z.B. http://www.trosky.cz/de/index.htm oder http://www.severnicechy.info/dr-de/1344-burgruine-trosky.html) schenkte mir ein geistiges Bild dafür, wenngleich ich mir eine märchenhafte Überzeichnung gestattet habe. Das Drohende, Wuchtige, Beherrschende der Gegend drum herum, vermittelt das Basaltgebilde samt den Resten seiner Überbauten noch immer und lohnt eine Reise dorthin. Nicht umsonst ist die Ansicht ein Wahrzeichen des Böhmischen Paradieses geworden. Dem Leser wird auffallen, dass dieses Panorama samt der Wetterbeschreibung in den Vollmondnächten im Buch immer wieder auftaucht. Sie hat definitiv im „Original“ etwas Faszinierendes an sich.
Außerdem ist für alle diejenigen damit der Zentralpunkt gegeben, um den sich die vagen Angaben der Geographie in Europa ranken. Zu Adalwins Reise nach China auf den Wegen Marco Polos werde ich noch extra ausführen, wenn diese Kapitel in den Fokus dieses Blogs rücken. Das Pulverfass Böhmen löste den Dreißigjährigen Krieg aus und war davor Ausgangspunkt der Hussitenkriege, nachdem das einzige Konzil, welches auf deutschem Boden stattfand und dessen 600-jähriges Jubiläum wir 2015 gefeiert haben, sich auf ewig mit der Schande des königlichen Wortbruchs und der Hinrichtung des Reformators Jan Hus beladen hatte. Auch das Wissen um diese historischen Zusammenhänge hat mich die Drachenburg genau da verorten lassen. Konkret in Worte gefasst, lautet die Passage:
„Eines Tages sah Tartaros den Moment gekommen, um Rache an der Schwester zu nehmen. In geballtem Vernichtungswillen und mit Beistand seiner Geschwister gelang es ihm, aus der Unterwelt hervorzutreten. Aus der Glut kochenden Gesteins ward ein riesiges Massiv nach oben gehoben, das sich bis in die Wolken auftürmte, gekrönt von zwei steilen Felsnadeln, geformt aus Basaltwänden, schroff aufragend und von drei Seiten her nicht zu erklimmen. Dann brachte ein Komplott, geschmiedet durch Tartaros, Lucina und Saturn, dem Himmelsmagier, ein Drachen-Pärchen hervor und verlieh ihm magische Kräfte sowie zweierlei Gestalt. Dadurch gewann das Böse eine andere Qualität, ein Umstand, der die Ausgewogenheit der Dualität ruinierte.“
Als letzte Zutat für den Hintergrund des Märchens musste die Machtbasis des Bösen entstehen. Wie das im Realen abläuft, ist aus der Geschichte bestens bekannt. Wehe dem Ort und seinen angestammten Bewohnern, wenn sich das gelbe Metall fand. Wenngleich im Gold besondere Energie steckt und es nicht ohne Grund die Menschen anzieht, vernebelt es doch niedrig entwickelten Charakteren eher den Geist und lässt Dinge geschehen, die unfassbar sind. Nicht umsonst wird vom Rausch des Goldes gesprochen. Unrühmliche Beispiele dafür gibt es genug, nicht nur Hernando Cortez und seine Horden oder die Vorgänge um San Francisco, bei denen der Schweizer Johann August Sutter um seinen Besitz und Mexiko um Kalifornien gebracht wurde. Ganze Imperien gründeten sich auf dem universellen Tauschgut und seinem Vermögen, Menschen in den Bann zu schlagen. Bei mir klingt es wie folgt:
„Die Drachen bemächtigten sich des kleinen Gebirges und fanden darin eine Spalte voll gediegenen Goldes. Mit dem Glanz des gelben Metalls machten sie sich die Bewohner der Gegend untertan. Auf dem Basaltkegel wurde ein kolossales Schloss angelegt, uneinnehmbare Burg und Prunkbau in einem. Junge Männer, angelockt vom Reichtum, strömten zu dieser Festung und ließen sich als Soldaten anwerben. Somit entsprang aus Gold Macht, und mit Macht wurde wiederum Gold gewonnen, indem die Söldner des finsteren Paars immer mehr Land rings um den schwarzen Felsen eroberten und die Bevölkerung ihres Besitzes beraubte. Was die Einheiten auf ihren Kontributionen zusammenrafften, wurde in den Drachenhort geschafft, in einem befestigten Turm abgelagert, um in zusätzliche Soldaten, Waffen und weitere Raubzüge investiert zu werden.“
Nachdem die Bühne präpariert wurde, bedarf es vor dem Auftritt der Hauptfiguren, der Matadoren des Guten, deren Ankündigung aus dem Dunkel der Zeiten. Keine Religion kommt ohne solche Verkündigung aus. Hoffnung verhalf dem gebeutelten Volk seit jeher zum Durchhalten. Die im Übermaß des Bösen verfangene Welt erwartet ihre Befreier. Der Abgesang des Einstiegs in die Märchengeschichte ist in drei kurzen Absätzen gegeben:
„Aktion erheischt und gebiert Reaktion. Gaia registrierte die Anomalie auf sich und ersuchte das Universum um Assistenz. Von dorther wurde Hilfe prophezeit und kundgetan, ein besonderer Kämpfer würde zu ihr geschickt werden, der die Drachen in die Schranken weisen könne, wenn er von einem adäquaten Krieger der Menschheit Rückhalt erfährt.
Die Verheißung vom Kommen der Drachenkrieger verbreitete sich im Lauf der Epochen und wurde von den Weisen und Sehern der Völker bewahrt. Gaia vernahm mit Freude die Ankündigung, hielt sich zum Engagement bereit, musste allerdings lange erdulden, wie die Unholde auf dem dunklen Thron die Menschen in ihrem Sinne betörten, infolgedessen umso besser unterdrückten und stetig an Macht gewannen.
Jedoch hat jegliches seine Zeit. Alles ist im Wandel. Nichts bleibt, wie es war. Diese Geschichte erzählt von Aurelia und Adalwin sowie ihrem Wirken, mit dem sich das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse aufs Neue einstellte.“
Zum Schluss dieser Aufhellung der Starthürde zu meinem Fantasy-Roman möchte ich nicht versäumen, auf das hinzuweisen, was ich an anderer Stelle schon verlauten ließ (siehe mein Schlussstatement in „Ein paar Tipps an die Leser“). Die zwei Seiten Eingangstext umfassen nichts weiter als meine persönlichen Sichtweisen, erheben keinen Anspruch auf Allwissenheit oder absolute Wahrheit und erfüllen nebenher die Funktion, die zu leisten anstand: sie führen in die Handlung ein und machen zudem auch das Finale der Trilogie von Aurelia & Adalwin besser verständlich.