Zum Thema Sex im Märchenroman


Die Reflexionen der Testleser/innen haben mich meine anfängliche Unsicherheit ablegen lassen, ob es angemessen ist, das Thema in dieser Ausführlichkeit zu behandeln. Sicherlich ist das eine Geschmacksfrage, an der sich wiederum die Geister scheiden können. Offensichtlich gibt es doch mehr Fans geschriebener Erotik, wenn sie denn flüssig daherkommt, als ich dachte. Ungeachtet dessen polarisiert diese Materie und jeder kann dazu seine eigene Empfindung haben und ja, es waren auch Gegenmeinungen zu verzeichnen. Dazu Stellung beziehen möchte ich aber vor allem, um die Hintergründe der einzelnen Begebenheiten transparenter zu machen.

Weshalb das Motiv überhaupt auftaucht, sollte klar sein. Nein! Eben gerade nicht „Sex sells“. Die Verfolger meines Blogs wissen, wer die ursprünglichen Adressaten des Buches waren und dass es mir darum ging, diverse Einsichten weiterzureichen, die ich hier aufzeigen will. Was ebenfalls schon angesprochen wurde: für die beiden Haupthelden geht es in der gesamten Trilogie vor allem darum, ihre Liebe miteinander zu entwickeln, was sich von Sexualität gerade im jugendlichen Alter schlecht trennen lässt.

Zum ersten Mal begegnet Adalwin, der im islamischen Umfeld zwangsweise seine Jugendjahre verleben musste und daher außer die Mitgefangene Aurelia keine Mädchen zu Gesicht bekommen hat, sexueller Verlockung in der Unterwelt. In der ersten Szene wird er von urplötzlich präsentierter, draller Weiblichkeit aus Unerfahrenheit mehr erschreckt. Mit seinen unverhofft aufgepeitschten Sinnen fällt es ihm schwer, sich der Faszination zu entziehen. Lediglich seine von Germalia, dem Landeshüterwesen, mitgegebenen Rettungsanker bewahren ihn davor, in die Falle zu tappen. Die Verwandlung der Verführerin in eine Greisin soll, literarisch gesehen, die Warnung dafür sein, welches schale Gefühl zurückbleibt, wenn die Vereinigung unter solchen Umständen abläuft.

Die zweite Begegnung an gleicher Stelle soll einerseits verdeutlichen, welcher Unsinn passieren mag, wenn die Eifersucht die Überhand gewinnt und andererseits, dass der Quickie, draußen bei der Disko oder auf einer Fete in der Besenkammer ein Irrweg ist, zu dem die Lust verführen kann. Im Hintergrund schwebt der moralische Zeigefinger mit etwa dieser Aussage: Der animalischen Komponente in sich sollte kein Raum gegeben werden, um nicht auf deren Niveau zu sinken.

Aller guten Dinge sind drei – zumindest im ersten Band. Der Jüngling wird durch den Einsatz von Alkohol (im Buch noch verstärkt durch einen magischen Trank) durch eine reife Frau verführt, deren Reizen er ganz erliegt. Übersetzt soll der damit im Roman einhergehende Gedächtnisverlust symbolisieren, dass der Fremdgang ihn von seiner wahren Liebe entfernt.

Im Band zwei kommt der Gegenstand dieses Blog-Beitrages ebenfalls zweimal vor. Einmal im Zusammenhang mit dem spirituellen Absturz des von Leuforias Magie aus der Bahn geworfenen Eremiten, wobei mir wichtig war, auf die Gefahr hinzuweisen, dass Sex niemals als „Bezahlung“ für geistige Entwicklung dienen kann. Wo solches verlangt wird – und uns ist ein solches Ansinnen auf unserem Weg begegnet – sollte die innere Alarmglocke ganz heftig läuten. Generell ist das Beispiel dahingehend erweiterbar, wenn der eigene Körper verkauft wird, sei es aus Karriere- oder sonstigen Gründen. Zurück bleibt der Ekel vor sich selbst, vor dem Aurelia nicht bewahrt wird, entrinnt sie doch allein durch die Gabe von Venus im letzten Moment aus ihrer Versuchung.

Die fünfte Variation des Stoffs ist eine Orgie, die Leuforia feiert. Zweifellos geht die Post ab und es gibt Sex vom Feinsten für den Mann – nur halt mit einer fatalen Konsequenz. Die Aussage hinter dem Ablauf: Übermäßiges Ausleben führt zum Verlust von Lebensenergie, ein Fingerzeig hauptsächlich an die Söhne des Landes.

Vor dem Finale habe ich mich, das will ich bekennen, lange gedrückt. Es ist leicht und wohlfeil, vor Fehlentwicklungen zu warnen und die Moral-Keule zu schwingen. Verteufelt wurde das Thema ja genug. In unserem Kulturraum vor allem von der Kirche, insbesondere um die unterdrückten Triebe zur Beherrschung der Untertanen zu nutzen, denn für die Obrigkeit war es ja sogar auf dem Papststuhl keinesfalls tabu.

Im Teil fünf kommt es dann zur Vereinigung von Aurelia & Adalwin, wobei ich die Perspektive oder Alternative aufzeigen wollte, wenn es gelingt, körperliche und geistige Einheit herzustellen. Möge die Leserschaft beurteilen, ob das überzeugend geraten ist.