Kapitel 13 – Aurelia und Adalwin verlieren sich (Alamania in Not)


Dieses Kapitel hat mehrere Abschnitte, die voneinander durch große Absätze getrennt sind und zu denen ich hier im Blog sukzessive etwas beitragen will. Mit der ersten Episode verlagern sich die Geschehnisse wie angekündigt in Alamanias Norden, der bisher noch nicht unter dem Einfluss des Drachenpärchens ächzt. Eine kleine Lobeshymne auf die von mir besonders geschätzten Deutschen in Küstennähe leitet schnell auf die Aggression über, in der, wer mag, Bezüge zur Neuzeit, entdecken kann.

Wie stets sind geografische Begriffe bei mir nur leicht verfremdet. Dass sich die Alemannen bzw. Alemannia hinter meiner Kreation versteckt, dürfte sicher nicht erklärungsbedürftig sein. Jene am Südrand der Alpen siedelnden Germanen, die sich häufig in der Spätantike mit den Römern Schlachten lieferten, sind in den romanischen Sprachen als Bezeichnung für unser Volk oder Land haften geblieben, wie sie auch für das Türkische, Persische oder Arabische stammbildend waren.

Der Einstieg in das dreizehnte Kapitel verrät, was ich persönlich von einer allseits bekannten Frau halte. Jedoch gilt wie stets in solchen Fällen: Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufälliger NaturJ. Das Heer der Despoten fällt über die absichtlich destabilisierten Gebiete her. Brutalität schüchtert ein. Ganz vereinzelt flammt der Widerstand auf, weil Gewalt einfach immer Gegenwehr erzeugt. Die spontanen Wutausbrüche führen jedoch zu keiner nennenswerten Schwächung des Feindes. Es fehlt an übergreifender Organisation und so scheinen die Herren vom schwarzen Felsen leichtes Spiel zu haben.

Wie sich die Dinge entwickeln können, beschreibe ich in den Begebenheiten danach und dafür gibt es ja sogar ein Beispiel in unserer Historie: Die Befreiungskriege in der Periode der Napoleonischen Fremdherrschaft. Nach der vernichtenden Niederlage Preußens 1806 bei Jena und Auerstädt gelang es den Reformern in verblüffend kurzer Zeit, das Franzosenjoch abzuschütteln.

Der Verteidigungswille der Alamannen erwacht, ihnen dämmert endlich, wer sie eigentlich regiert hat. Leider ist das wohl eher eine märchenhafte Zutat, wenngleich mir beim Schreiben Theodor berühmtes Zitat wie ein Hoffnungsschimmer im Kopf herumspukte („Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten, …“ https://gutezitate.com/zitat/282565). Flugs kommt die Militäraktion ins Stocken und Furarius und Leuforia können ihr Hauptziel, die Vernichtung ihrer Gegenspieler, nur mittels einer Geheimoperation im bis dato nicht eroberten Bezirk anstreben. Ihrer Natur gemäß werden dafür Opfer ihrer Truppen zynisch mit eingeplant.

Das nächste Ereignis spielt sich im Dorf ab, welches Aurelia & Adalwin zu ihrem Refugium erkoren hatten. Fixiert auf ihr kleines Glück, schenken sie der großen Lage keine Aufmerksamkeit und wähnen sich in Sicherheit. Es ist nicht ihr Krieg, der da draußen tobt. Der werbende Freischärler dringt mit seinem Anliegen nicht durch. Sie verweigern sich, ganz im Einklang mit ihrem Umfeld. Die Leute in dem Weiler sind wie die meisten Deutschen Verdrängungskünstler.

Umso brutaler der Einbruch der Wirklichkeit in die Idylle. Wie grausam sich der Überfall vollzieht, wie zerbrechlich jeglicher Besitz und verletzlich das Leben ist, wird den davongelaufenen Drachenkriegern vorexerziert. Die Kaskade der Gewalt beginnt, als die Söldner meinen, die Bauern-Schönheit wäre Freiwild für sie. Sexuelle Übergriffe sind ja allezeit Hand in Hand mit Feldzügen gegangen. Das Betatschen von Aurelias Brüsten durch die Widerlinge und Räuber in Uniform bringt endlich den Widerstandswillen der Helden des Romans zum Erwachen. Prompt entwickelt sich ein Handgemenge, das sich ausweitet und die Familie alles verlieren lässt, was in Jahren geschaffen wurde.

Hier sei ein Einschub für diejenigen eingestreut, welche sich für die Entstehung des Buches interessieren. Als ich seinerzeit den Entschluss gefasst hatte, die Geschichte um die beiden Heranwachsenden zu einer Trilogie auszuweiten, erschien in der Neubewertung der erste Band plötzlich zu kurz. Um die Proportion zu den Folgeteilen herzustellen, musste ich einiges einfügen, wofür ich genau dieses Kapitel als Startpunkt gewählt habe. Die Motivation der Hauptfiguren, den Kampf aufzunehmen, wollte ich besser herausarbeiten. Ursprünglich kamen nur die Eltern des Jungen bei dem Überfall zu Tode, das Pärchen besinnt sich daraufhin und Monahora holte Aurelia für die Ausbildung beim weißen Mönch ab. Adalwin irrt derweil durch das zerstörte Land und gerät in die Szene mit der Fast-Vergewaltigung seiner späteren Verführerin.

Die ergänzte Handlung wandelte das dreizehnte und vierzehnte Kapitel soweit ab, dass die neuen drei Abschnitte mit der Hommage an die Befreiungskriege und der Ausflug in die Astralwelt dazwischen passten. Der Überfall auf Marena, in den Adalwin vorher nur zufällig hereinplatzte, erhielt damit ebenso einen schlüssigen Hintergrund. Im Nachgang eingegliedert habe ich desgleichen die drei Episoden von den entlaufenen Alamannen, um die Hilfen, die Aurelia bei der Suche nach dem weißen Mönch erfährt, plausibler zu machen. Insbesondere die Aufopferung des Karwan-Baschi blieb in dem ehemaligen Kolportage-Märchen ohne überzeugende Begründung.

Zurück zum Geschehen: Die Soldateska der gescheiterten Eroberer wütet angestachelt von dem aufflammenden Widerstand in dem Dorf, welches sie überfallen haben. Die Drachenkrieger retten ihre Zaubergaben und wollen sich der Kaskade der Gewalt entziehen. Bei diesem Versuch wird Adalwins Mutter getötet. Der schmerzhafte Einschnitt traumatisiert ihn, weil er sich der Dominanz der Söldner beugen muss, ohne etwas tun zu können. Die Nachwehen dieses Schock-Erlebnisses brechen sich im Roman bei seinem Ausflug in der Zwischenwelt genauso Bahn wie in dem Intermezzo bei Marena, von der er sich nicht zu lösen vermag, weil ihm Schuldkomplexe Fesseln anlegen.

Auf der Flucht des Trios, dem zunächst auch der Vater des Jünglings angehört, wird der normale Horror des Krieges mit zwei Fantasy-Komponenten angereichert. So versucht Furarius in seiner Drachengestalt die beiden Helden auf dem Pferderücken mit seinen Krallen zu erdolchen, scheitert jedoch am reiterischen Geschick seiner Antipoden. Als die Fliehenden die Furt erreichen, interveniert Gaia mit ihrer Macht über die Elemente und lässt eine schützende Nebelwand aufwallen. Nichtsdestotrotz springt aus dem Hinterhalt ein Teilerfolg für die Despoten heraus. Die heranschwirrenden Pfeile verletzen sowohl Aurelia wie den gerade zum Witwer gewordenen Bauern schwer. Aufgrund dessen realisiert Adalwin zwar, dass er weder aus dem Fokus der dunklen Herrscher noch aus dem von Mutter Erde gerutscht war, aber die Dynamik der Ereignisse verhindert darüber einen Austausch.

Justament prasselt das Unglück massiv auf ihn herein. Wieder wird er verurteilt, nicht eingreifen zu können. Die Geliebte treibt im weißen Gewaber mit einem gefiederten Stumpf im Rücken davon, während er den verwundeten Vater auffangen muss. Die Fluten bringen Vater und Sohn aus der Gefahrenzone. Leuforia spürt ihre Grenzen und gibt die Hatz auf. Die Szene endet damit, dass die zwei an einem Kiesbett stranden und Unterstützung von einem Mann erfahren, der in dem anschließenden Abschnitt eine wichtige Rolle spielt: Der Graf von Greifenstein. Hier springt die Geschichte zurück, bis sie wieder zu diesem Punkt zurückkehrt.

Zunächst wird ein Blick hinter die Kulissen des Widerstands geworfen, der sich gegen die Aggression der Drachenarmee formiert, fokussiert auf einen Mann, der mit seinem Tun und seiner Vita stellvertretend porträtiert wird: Gustav Emanuel Karl Friedrich August, Graf von Greifenstein – sicherlich springt sofort die Analogie zu dem albernen Gecken ins Auge, der einst im Ministeramt von den wahren Herrschern dieser Welt ausgeschickt wurde, den letzten Rest von deutscher Wehrhaftigkeit zu erledigen. Ein klein wenig augenzwinkernd war dies durchaus von mir gewollt.

In zweiter Lesung lohnt sich jedoch hauptsächlich die Beschäftigung mit den Vornamen des Adligen. Gustav – in Deutschland sicherlich vor allem als Vorname schwedischer Könige bekannt, deren glorreichster, Gustav II. Adolf, 1632 bei Lützen durch einen Schuss aus den eigenen Reihen, wie die Historiker heute wissen, seinen Atem aushauchte. Sein Einschreiten im Dreißigjährigen Krieg sicherte dem Protestantismus in Deutschland das Überleben. Die Bedeutung aus dem Altnordischen kommend lautet in etwa „Stütze der Goten“. Genau dieser germanische Stamm hatte es mir besonders angetan, nachdem ich im Lesealter erst die Artus-Sage, dann Dietrich von Bern, die Nibelungensage und zuletzt den Klassiker „Ein Kampf um Rom“ verschlungen hatte. Es ist die Kombination von Gustav und Emanuel (das hebräische Immanuel wollte ich nicht wählen, wohl aber die Übersetzung davon: Gott-mit-uns!), die mich fasziniert hat und von mir als Nomen-est-Omen-Vorzeichen ausgewählt wurde.

Garniert und komplettiert wird die Benimung mit einem Dreiklang von Königsnamen aus der glanzvollen Geschichte unseres Landes, deren Biografien ich studiert habe und denen ich ein Denkmal setzen wollte: Karl der Große, Friedrich II, der Vogler, und der sächsische August der Starke. Mit so viel historischer Größe im Gepäck, dazu eine militärische Tradition seit Generationen, ist es dieser Mann, der stellvertretend für das gebeutelte Land steht, den Widerstandswillen repräsentiert und die Gegenwehr zu organisieren weiß.

Natürlich sei die dritte Ingredienz ebenfalls nicht verschwiegen, das in den Grafen hineingewoben ist: Ludwig Adolph Wilhelm Freiherr von Lützow, der das berühmteste Freiwilligenregiment in den Befreiungskriegen aufstellte und dem Carl Maria von Weber auf die Worte von Carl Theodor Körner, einem Mitglied dieses Corps, mit Lützows wilder (verwegener) Jagd einen musikalischen Ehrenkranz wand.

Der Greifensteiner hat selbst schwerste Verluste erlitten, musste den Schlachtentod seiner Söhne verkraften und sinnt auf Rache, für die sich unerwartet und plötzlich eine Gelegenheit auftut. Er hat eine Truppe von Draufgängern um sich geschart, die er ausgebildet hat und die ihn verehren. Ihm selbst fällt es nicht auf, dem Leser sollte es jedoch schon: Es sind immer 111 Rekruten, über die er befehligt. Für mich ist die Kombination der drei Einsen eine heilige, göttliche Zahl – Symbol der Einheit, aber gleichsam des Beschütztwerdens, denn der Erzengel Michael wird unter anderem mit der 1 in Verbindung gesehen und fliegt quasi dreifach mit voran. Das hebräische Alphabet mit seiner parallelen Zahlenmystik sowie die Kabbala enthalten für Interessierte dazu weitere Auskunft wie eine ganze Reihe von esoterischen Seiten. Mit diesem Hinweis mag es an dieser Stelle genug sein.

Obendrein ist eine andere Zahl in der Rückblende auf den Fall der Greifensteiner Hausburg versteckt. Die eigentlich uneinnehmbare Festung kann lediglich mit den besonderen Fähigkeiten der Drachen erobert werden. Ihre Armee verliert das Siebenfache an Soldaten bei der Erstürmung der Wehranlage. Auf dieses Verhältnis bin ich verfallen, weil es in etwa die Relation der Verluste der Roten Armee gegenüber der Wehrmacht an der Ostfront widerspiegelt, wobei die Quellenangaben bei diesem sensiblen Thema differieren. Am Schluss siegte hier wie da die schiere Überzahl.

Das Kapitel heißt: Alamania in Not und den Hintergrund bildet die versuchte Eroberung der Reste des bis hierher von der Knechtschaft verschonten Landes durch das Söldnerheer. Wer es wissen will: Der seit langem besetzte südliche Teil steht für die nach den Weltkriegen verlorenen Gebiete. Nach anfänglichen Erfolgen zeigen die Alamannen den Regenten vom schwarzen Felsen die Grenzen auf. Wie sich unsere Nation bei äußerer Bedrohung hoffentlich wieder verhält, habe ich als Gleichnis nach dem Prinzip Hoffnung zu Papier gebracht. Die allgemeine Lage wird schnell wieder im Geschehen um den Freischärlerverband gebündelt.

Im Vorgehen des Grafen gegenüber den zweihundert Drachensoldaten habe ich eine kleine Erinnerung an die Taktik der Germanen unter Arminius eingebaut, der im Jahre 9 die Legionen des Varus völlig aufrieb. Ob die hohen Verluste des Germanicus, der fünf Sommer später zur Strafexpedition ausgeschickt wurde, tatsächlich mit einer Sturmflut zusammenhingen und Kaiser Tiberius seinen Feldherrn nur aus Angst vor dessen Sieg im Jahr 16 zurückrief, darüber könnte ein eigener Aufsatz samt der Analyse von Parallelen in der Beschönigung und Umdeutung von militärischen Ereignissen in der Neuzeit verfasst werden. Es existieren dazu jedenfalls unterschiedliche Interpretationen. Der kecke Tribun wurde mit Triumphzug gewürdigt, ließ feige seines Widerparts Frau und Kind ermorden und das römische Reich gab seine Expansionspläne in Germanien auf. Aber das ist ein anderes Feld.

Auf jeden Fall gelingt dem alten Fuchs mit seiner Zermürbungsstrategie das gleiche Resultat wie einst dem Feldherrn der Cherusker. Allerdings geht der der perfide Plan der dunklen Herrscher zumindest teilweise auf. Die kleinere Einheit, eigentlich als Opfer ausersehen, dringt bis zum Dorf der beiden Romanhelden durch und beginnt es im üblichen Stil auszuplündern. Die Story ist wieder dort angekommen, wovon der Leser längst erfahren hat. Der Ablauf des Überfalls wurde bereits geschildert, der Aurelia und Adalwin aus ihrer Lethargie erweckte.

In gleicher Weise wird an die Stelle zurückgekehrt, bei der Adalwin seinen sterbenden Vater aus dem Fluss zieht. Nur reflektiert dieses Mal der Greifensteiner die Handlung. Ihm drängt sich bei der Beobachtung der surrealen Abläufe an der Furt eine Ahnung ins Gehirn. Auch er hat die Saga von den Drachenkriegern gehört.

Zwei Episoden sind neben allem bisher Geschilderten wichtig und sollen erläutert werden: Zum einen der letzte Wunsch, den Adalwins Vater äußert. Er lenkt die Aufmerksamkeit seines Sohnes damit indirekt auf das Besondere, was diesen auszeichnet. Dem Freigeist und naturverbundenen Bauer hat sich eine wichtige Begebenheit aus der Kindheit seines Jungen ins Gedächtnis gegraben: Sein Liebling wurde einst von Gaia an einem Ort aufgesucht, der magischen Charakter trägt. Er weiß um die Rolle, die Mutter Erde seinem Abkömmling zugedacht hat und konnte sie nie vergessen, wenngleich er als liebender Vater den Sohn gern mit Aurelia in seiner Nähe empfangen und bei dem unterstützt hat, was er vorhatte.

Das Kapitel endet mit der Verzweiflung des Helden, der übermannt von den Geschehnissen und Verlusten des einen Tages zwar erkennt, dass er weder aus dem Fokus der Drachen noch dem seiner Beschützerin gerutscht ist, die Tragödie jedoch fehlinterpretiert und sich mit einem grauenvollen Fluch selbst ins Abseits schiebt.